Ob Unterhaltung, News oder Wissenschaft – Podcasts gibt es zu fast jedem Thema. Auch Unternehmen entdecken das Audioformat immer mehr für sich. Aber was macht einen guten Podcast aus? Wir haben bei drei Experten in unserem Umfeld nachgefragt.
Timo Lommatzsch, Podcast „Talking Digital“
Beim Thema Podcast muss man unterscheiden: Die Konzeption eines internen Unternehmenspodcast würde ich komplett anders angehen als einen Podcast für die Externe. Bei externen Podcasts ist der Markt ziemlich übersättigt. Wer heute einen neuen Podcast für die externe Kommunikation startet, sollte sich ganz genau überlegen, in welche Nische er geht. In gefühlt 90 Prozent der Podcasts unterhalten sich einfach zwei Leute – das kann gut funktionieren, aber ich würde gerade Unternehmen nahelegen, über andere, kreativere Formate nachzudenken. Die Idee kann ruhig spitz sein, manchmal reicht es auch, nur 1.000 Hörer – aber dafür die richtigen – regelmäßig zu erreichen.
In der internen Kommunikation ist es besonders wichtig, dass der Podcast für die Zielgruppe gut abrufbar ist – auf dem Handy über eine (Mitarbeiter-)App und auf dem Desktop. Ein großer Vorteil des Podcasts ist nämlich, dass er eine Art Nebenbei-Medium ist und die Hörer währenddessen z.B. zur Arbeit fahren können. Ein guter Podcast erreicht die Zielgruppe auf einer ganz anderen Ebene als zum Beispiel Texte: Über die Stimme kann eine besondere Bindung aufgebaut, Emotionen und Motivation vermittelt werden. Einige Unternehmen haben während der Coronakrise innerhalb weniger Tage einen Podcast hochgezogen, um den Kontakt mit ihren Mitarbeitern zu halten. Das funktioniert so schnell, weil die Produktion im Gegensatz zum Bewegtbild weniger aufwendig ist. Und auch für die Protagonisten bedeutet ein Podcast weniger Aufwand: Für eine Führungskraft, die ihre Mitarbeiter regelmäßig informieren möchte, ist die Hemmschwelle, einen Podcast aufzunehmen oft viel niedriger, als vor der Kamera stehen zu müssen. Podcasts können also eine smarte Lösung sein, um seine Mitarbeiter zu erreichen.
Ingo Stoll, Audiograf und Podcaster
Die Frage nach dem, was einen guten Podcast ausmacht, beginnt immer mit der Frage „Was brauche ich gerade“? Manchmal brauche ich Stimulation – oft morgens, wenn der Tag beginnt. Dann können mich gute Podcasts durch spannende Geschichten, abwechslungsreiche Perspektiven und eine zurückhaltende Moderation inspirieren. Dem kann ich dann durchaus für 45 Minuten oder mehr folgen. Manchmal möchte ich etwas über ein Thema lernen. Dann sind gute Podcasts diejenigen, die Fachgespräche in maximal 30 Minuten auf den Punkt bringen. Knackige Interviews, gespickt mit Praxiserfahrungen, anschaulichen Beispielen und wertvollen Tipps für nützliche Tools, Methoden oder weiterführende Links. Hier gilt: möglichst wenig Selbstdarstellung und langweiliges Werbe-Bla-Bla. Und manchmal möchte ich einfach abschalten und unterhalten werden. Dann sind Humor, hintergründige Beobachtungen oder professionell produzierte Features wirklich gut. In diese Kategorie fallen auch Hörspiele, die mich durch atmosphärische Sounds und packende Plots sofort in komplett eigene Welten mitnehmen.
Eine Mischform, in der alle diese Bedürfnisse zusammenfließen, sind die Audiografien. Sie sind wie Fotografie zum Zuhören. Audiografien handeln von Lebensgeschichten, Events, Begegnungen oder Veränderungen über die Zeit. Über diese Art von Podcasts entstehen eindrückliche Beziehungen zu ihren Protagonisten, Erzählern und Orten. Wer also selbst einen Podcast machen möchte, der sollte sich darüber klarwerden, in welcher Stimmung und mit welcher Motivation seine Hörer und Hörerinnen diesem am besten folgen sollten. Nutzt man diese empathische Zielrichtung bei der Konzeption und Produktion, dann steht einem guten Podcast – mit etwas Übung und ganz viel eigener Begeisterung – nichts mehr im Wege.
Till Uhrig, Head of Video Content / Creative Director Territory
Ein guter Podcast sollte mein Leben bereichern. Er muss liefern, was ich in meinem Tagesablauf brauche – also z.B. Information, Unterhaltung oder sogar Hilfe beim Einschlafen. Podcasts sind außerdem ein vergleichsweise authentisches Medium. Deshalb setzen sich oft besonders Podcasts durch, die nah an den Leuten dran sind. Die Hörer sollen Teil des Podcasts sein – sie sitzen sozusagen mit den Hosts am Tisch, kennen ihre Eigenheiten, ihre Art sich auszudrücken und die Running Gags. Gerade in Deutschland sind die kaum gescripteten Podcasts am erfolgreichsten. Oft unterhalten sich hier einfach zwei Leute über ein Thema – und das kann dann gerne unredigiert, rough und fehlerbehaftet rüberkommen. Die Hörer sind auch deshalb bereit, einiges zu tolerieren, weil der Podcast für sie oft ein „Nebenbei-Medium“ ist: Wenn ich beim Hören den Haushalt mache, ist es nicht so schlimm, wenn es mal ein paar Minuten langweilig ist oder es kurz Soundprobleme gibt. Trotzdem sollte man natürlich unbedingt auf die Qualität achten: Je besser die Audioqualität, desto länger können die Hörer dranbleiben, ohne zu ermüden. Es gibt außerdem einen allgemeinen Shift – weg von Reichweite und Aufmerksamkeit, hin zu viel mehr Tiefe, also zu Werten wie Verweildauer, Erinnerbarkeit oder Sympathie. Ein guter Podcast kann das erreichen – er ist ein Tiefenmedium. Hier bleiben die Leute so lange dabei wie bei keinem anderen Medium. Deshalb eignen sich Podcasts auch hervorragend für Marketing und Unternehmenskommunikation: Nirgends ist die Glaubwürdigkeit, die Verweildauer und die Erinnerbarkeit von Werbung so hoch wie im Medium Podcast. Wir bei Territory nutzen diese Werte gezielt für die Kommunikation von Markeninhalten.