Mehr als Action

Ein Bild der Ausstellung: Ein Polizist umarmt einen Mann.

Foto: Janko Woltersmann

Fußballspiele, Castor-Transporte, G7-Gipfel – acht Jahre lang hat Fotograf Janko Woltersmann einen Hundertschaftsführer der Polizei Hannover bei seinen Einsätzen begleitet. Jetzt sind seine Fotos in der Städtischen Galerie KUBUS in Hannover zu sehen. Wir haben mit unserem langjährigen Partner über die Ausstellung gesprochen:

Wie bist du aufs Thema Polizei gekommen? 2004 war in der NORD/LB eine Ausstellung von Roswitha Hecke: Sie hat in den 70er Jahren den New Yorker Cop Roy Finer begleitet und fotografiert. Ihre Bilder haben mich fasziniert – ich habe als Kind gerne heimlich „Kojak“ oder „Straßen von San Francisco“ geguckt. Die Ausstellung hat mich so an diese Serien und meine Kindheit erinnert, dass ich sofort einen Zugang zu den Bildern hatte. Gleich danach habe ich mich gefragt, ob man sowas wohl auch in Hannover fotografieren könnte. Das hat mich fünf Jahre lang beschäftigt, bis ich 2009 bei einem Pressetermin den Hundertschaftsführer Uwe Reinert getroffen habe und dachte: Das ist die hannoversche Antwort auf Roy Finer! Also habe ich ihn angesprochen und durfte ihn von 2010 bis 2018 bei verschiedenen Einsätzen begleiten.

Das klingt spannend … Ich war fast überall dabei: von Fußball-Risikospielen über Castor-Transporte bis hin zum G7-Gipfel. Trotzdem ist es keine Action-Ausstellung geworden. Die Bilder zeigen die Arbeit der Polizei auf der Straße und dazu gehört – anders als im Fernsehen – auch viel Rumstehen und Warten, ohne dass etwas passiert. Das musste ich erst mal lernen …

Was ist Idee deiner Ausstellung? Meine Ausgangsfrage war: Was könnte ich mit diesen Bildern bei den Leuten auslösen? Ich selbst kannte die Polizei lange eher von „der anderen Seite“, habe früher öfter demonstriert und stand den Polizeiketten gegenüber. Durch das Projekt habe ich die Individuen hinter diesen Ketten kennengelernt und live erlebt, wie Klischees und mangelnde Kommunikation auf beiden Seiten zu Missverständnissen führen. Deshalb möchte ich mit meiner Ausstellung die Kommunikation auf beiden Seiten anregen und öffnen. Durch Corona ist ein großer Dialog vor Ort nicht möglich, aber ich habe schon einzelne Gruppen aus den verschiedensten Welten durch die Ausstellung geführt. Bis jetzt gab es nur positives Feedback – trotz unterschiedlicher Wahrnehmungen und Ansichten!

Warum sollte man sich die Ausstellung angucken? Man sollte auf jeden Fall kommen, wenn man den Kubus mal schwarz gestrichen sehen möchte (lacht)! Aber im Ernst: Gerade im letzten Jahr haben viele Leute, die sonst gar nichts mit Demos oder Fußball zu tun haben, die Polizei vielleicht noch mal mehr wahrgenommen – sie war ja sehr präsent. Auch für sie könnte es jetzt interessant sein, sich mit den Bildern auseinanderzusetzen: Was lösen sie in mir aus? Wir alle haben Erinnerungen oder Erfahrungen abgespeichert, die durch Musik, Gerüche oder eben Bilder plötzlich wieder hervorgeholt werden können – ähnlich wie damals bei mir in der Roy Finer Ausstellung.

 

Jetzt aber schnell!

Die Ausstellung „72 von 72/1 – Unterwegs mit einem Hundertschaftsführer“ läuft noch bis 4. Juli 2021.

Wo? Städtische Galerie Kubus, Theodor-Lessing-Platz 2, 30159 Hannover

Wann? Immer dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr.

Auf der Seite vom KUBUS gibt’s mehr Infos.

 

Janko Woltersmann